Modellarten und Bauweise » Modellarten und Bauweise

Der nachstehenden Artikel soll dem Neuling auf dem Gebiet des Schiffsmodellbaues einen Überblick über sowohl die verschiedenen Modellarten als auch deren Bauweise geben. Auf Plastikbausätze, bei denen lediglich fertig geformte Bauteile zusammen geklebt und bemalt werden, wird hier nicht näher eingegangen (das soll nicht abwertend verstanden werden, es gibt hervorragende Plastikmodelle).


1. Modellarten:

1.1 Wasserlinienmodell:
zeigt ein Schiff so, wie es im Wasser liegt, ohne den Rumpf unter der Wasserlinie. Meist in Dioramen verwendet.





1.2 Vollmodell: Modell mit komplettem Rumpf, je nach Bauweise des Modellrumpfes ist die Außenhaut gespachtelt und lackiert oder mit voller Beplankung versehen. Vollmodelle sind meist mit Bemastung und Takelage (mit oder ohne Segel) ausgeführt.
Bei einem gut gebauten Vollmodell ist nicht erkennbar ob der Rumpf als Blockmodell, in Schichtbauweise oder als beplanktes Spantmodelle (meist mit stark vereinfachtem Spantgerüst aus Sperrholz - siehe folgendes Bild) ausgeführt ist.

Modell eines englischen Handelsschiffs (Mayflower) ca. 1620 im Bau:




1.3 Spantmodell: die Bauweise dieser Art von Modellen entspricht von ungefähr bis genau der Bauweise der Originalschiffe. Kiel, Vor- und Achtersteven, Deckbalken, Verbindungselemente etc. und manchmal auch der Innenausbau sind vorbildgetreu ausgeführt. Die Beplankung ist meist teilweise (manchmal sogar gänzlich) weggelassen, um den Blick auf das Innere und die verschiedenen Bauteile zu gestatten.
Spantmodelle werden teils getakelt, teils nur als Rumpfmodell ausgeführt.

Das folgende Bild zeigt das Modell der norwegischen Brigantine Leon (Baujahr 1880) gebaut vom kanadischen Modellbauer Keith Harrison als voll beplanktes Spantmodell, bei dem ein Teil des Rumpfes aufgeschnitten dargestellt ist um das Innere zu zeigen.



Modell der englischen Fregatte Naiad von 1797:



dieses im Maßstab 1:60 von Ed Tosti gebaute Modell entspricht bis ins kleinste Detail dem Original.
Genauer Baubericht zu diesem Modell siehe http://modelshipworld.com/index.php?/top...rigate-38-1797/
Ein 2 bändiges Buch über den Bau dieses außergewöhnlich detaillierten Modells ist bei SeaWatch Books Seawatch erhältlich.



1.4 Navy Bord Modell: Navy Bord Modelle wurden in England ab dem 17. Jahrhundert gebaut, um dem Navy Board (und dem König) vor dem Bau eines Kriegsschiffs den Entwurf in dreidimensionaler Form vorzustellen, da diese Leute meist nicht in der Lage waren, Pläne richtig zu lesen und zu verstehen.
Diese Modelle waren Spantmodelle, die unterhalb des untersten Bergholzes nicht beplankt waren, die Decks waren detailgetreu ausgeführt, aber auch nur teilweise beplankt um einen Blick in das Innere zu ermöglichen. Die Spantkonstruktion entsprach anfangs weitgehend dem Original (Ausführung der Spanten bestehend aus Bodenwrangen und Auflangern siehe Bild unten), wurde aber noch lange nachdem sich die Spantkonstruktion längst weiter entwickelt hatte bei Navyboard Modellen in dieser Form beibehalten.



Spant eines Modells im Stil der Navy Board Modelle:




2. Bauweise von Modellrümpfen:

2.1 Blockmodell:

der Rumpf wird zur Gänze oder zum größten Teil aus einem soliden Holzblock herausgearbeitet. Der Rumpf bleibt entweder voll oder wird ausgehöhlt. Wird (oder wurde) von manchen Firmen für Baukästen verwendet, der Rumpf wird dabei formgefäst. Bei Scratchbau wird diese Methode (außer bei ganz kleinen Modellen) kaum verwendet, das Erzielen einer genauen Rumpfform ist schwierig, die Form wird muß laufend mit dem Spantriss entsprechenden Schablonen überprüft werden.


2.2 Schichtbauweise:

Ein in dieser Bauweise fertig gestellter Rumpf entspricht praktisch dem eines Blockmodells (siehe oben), ist aber leichter herzustellen. Statt den Rumpf aus einem vollen Stück Holz zu modellieren, sägt man aus einer Anzahl von dünnen Brettern, deren Dicke dem Abstand der Wasserlinien entspricht, die einzelnen Schichten, deren äußere Kontur wiederum die jeweilige Form der entsprechenden Wasserlinien hat. Unter Wasserlinien versteht man horizontale Schnitte durch den Rumpf (der Rumpf ist praktisch in waagrechte Scheiben geschnitten).



Durch übereinander Leimen der Schichten erhält man einen stufigen Rumpf, der aber schon grob die spätere Form erahnen lässt.



Aus diesem stufigen Rumpf wird dann die endgültige Form durch Abtragen des überschüssigen Holzes (grün in der nachstehenden Skizze) mittels geeigneter Werkzeuge (Raspel, Stechbeitel, Schnitzmesser etc.) herausgearbeitet. Je dünner die Schichten, umso weniger muss abgetragen werden und umso leichter kann die exakte Form erreicht werden.











2.3 Vollbeplankter Rumpf auf vereinfachtem Spantgerüst: Im englischen Sprachgebrauch werden diese Modelle als PoB (Plank on Bulkhead zur Unterscheiung von Spantmodellen (PoF - Plank on Frame) bezeichnet, diese englischen Abkürzungen haben aber schon häufig als Fachbegriffe Eingang in deutschsprachige Modellbauforen gefunden und werden deshalb hier erläutert.
Diese Bauart ist die am häufigsten verwendete Methode, voll beplankte Schiffsrümpfe zu bauen und wird beim Großteil der kommerziellen Baukästen verwendet.
Der Schiffsrumpf wird durch Beplanken eines stark vereinfachten (meist aus Sperrholz gefertigten) Spantgerüstes hergestellt. Tragender Bauteil ist dabei eine Mittelplatte aus Sperrholz, deren Außenkontur von Vorsteven, Kiel, Achtersteven und meist der Deckslinie gebildet wird. Bei vielen Baukastenmodellen beinhaltet diese Mittelplatte Kiel und Steven, besser ist es diese Bauteile (die ja nach dem Beplanken sichtbar sind), aus feinmasrigem Holz getrennt herzustellen und auf die Mittelplatte aufzuleimen.

In senkrechte Schlitze in dieser Mittelplatte werden die Modellspanten eingesteckt und verleimt. Im Bugbereich werden meist Füllklötze als Auflage für die Planken eingesetzt und in Form geschliffen.
Die Beplankung erfolgt meist in 2 Lagen. Die erste Lage wird (ohne dass der richtige Plankenverlaufs beachtet werden muss) aus dünnen Leisten aufgebracht und nach Bedarf durch Verspachteln und Schleifen korrigiert um die richtige Rumpfform zu erhalten. Anschließend wird die zweite Lage an Planken aufgeleimt, bei dieser ist auf den richtigen Verlauf zu achten.

Modelle dieser Bauweise können statt aus Holz auch aus Pappe und Papier gefertigt werden.

Spantgerüst aus dem Corel Baukasten Korsarenschiff Le Tonnant:





Spantbauweise
Im weitesten Sinne sind zwar auch die oben angeführten Modelle mit vollgeplanktem Rumpf auf vereinfachtem Spantgerüst in Spantbauweise hergestellt, aber im Allgemeinen versteht man unter Spantbauweise bzw. Spantmodell (englisch PoF für Plank Frame Model) Modelle, bei denen nicht nur das äußerliche, sondern auch die tragenden Rumpfstruktur (Kiel, Steven, Spanten etc.) weitgehend oder zumindest annäherd der Baupraxis in Originalgröße entsprechen. Die Anzahl der Spanten und der Abstand dieser untereinander entspricht (zumindest annähernd) dem Original. Die Spanten (die selbst ja wiederum im Original aus mehreren bis vielen Einzelteilen aufgebaut sind), sind dabei abhängig von Maßstab, Detaillierungsgrad und handwerklichem Geschick des Modellbauers mehr oder weniger vereinfacht ausgeführt oder entsprechen im Idealfall bis ins Detail dem Vorbild.

Oliver Cromwell 1776 - Modell eines Schiffs mit einem etwas vereinfachtem Spantgerüst:



es handelt sich hier zwar um ein Modell in Spantbauweise, die Anzahl und Abstand der Spanten entsprechen nicht exakt der Bauweise in Originalgröße, die Spanten selbst sind auch vereinfacht ausgeführt. Obwohl die Beplankung wie bei einem Navy Board Modell nur teilweise ausgeführt ist (keine Beplankung unter den Berghölzern, Decks sind nur teilweise beplankt) , ist die Bezeichnung Navy Board Modell für ein derartiges Modell unrichtig.

Zwei Modelle (gebaut von Ed Tosti) mit exakt dem Original enstrechendem Spantgerüst:

Fregatte Naiad 1797



Klipper Young America: Genauer Baubericht zu diesem Modell siehe hier Ein Buch (wahrscheinlich 2 Bände) über den Bau dieses Modell mit zahlreichen Fotos und Planssatz ist in Vorbereitung, es wird darin sowohl der Bau des Spantmodells als auch eine vereinfachte Ausführung in PoB Bauweise beschreiben Seawatch Books



Detailaufnahme Klipper Young America:

Dieser Artikel ist aus meiner Sicht fertiggestellt.
Bei den Modellarten habe ich Sonderfälle wie Halbmodelle oder Flaschenschiffe nicht berücksichtigt. Was meint ihr, sollen die auch aufgenommen werden?

Bitte um Durchsicht und Vorschläge für etwaige Korrekturen oder Ergänzungen.



Klaus

PS: das Bild des Wasserlinienmodells im Beitrag ist von Holger (Pollux), den ich noch nicht um sein Einverständnis gefragt habe. Ich gehe davon aus, dass er nichts gegen die Verwendung seines Bildes hier hat, falls wider Erwarten doch, muss ich ein anderes dafür nehmen

Moin Klaus ( @Model Mariner ),

Ich bin begeistert. Klare Aufteilung, Erklärung und Bebilderung.
Kann man so schon gleich übernehmen. Hätte vielleicht noch ein paar Anregungen:

1. Wasserlinienmodell
Vielleicht könnte man zufügen, welche Bauweise in einem solchen Fall in der Regel nutzt. Ich würde auf ein Blockmodel tippen???

2. PoB/PoF
Vielleicht könnte man zur Übersicht die Kürzel in die Überschrift der Bauweise mit einfügen? Eine genau Erklärung kommt ja im Text.

3. Verlinkung
Du hast z.B. bei der Fregatte Naiad eine Verlinkung zu dem Buch bei Seawatch angelegt? Wollen wir das bei expliziten Verweisen so handhaben, oder sollten diese Links hier in den Bereich "Buchbesprechung/Buchempfehlung" gesetzt werden. Beide Varianten hätten Vorteile: Direkter Link bietet eine direkte Thematische Verknüpfung, Über den "Bücherbereich" wäre es zentral zu finden.

Gruß
Alex

Zitat von Fosco im Beitrag #3

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Moin Klaus ( @Model Mariner ),

Ich bin begeistert. Klare Aufteilung, Erklärung und Bebilderung.
Kann man so schon gleich übernehmen. Hätte vielleicht noch ein paar Anregungen:

1. Wasserlinienmodell
Vielleicht könnte man zufügen, welche Bauweise in einem solchen Fall in der Regel nutzt. Ich würde auf ein Blockmodel tippen???

2. PoB/PoF
Vielleicht könnte man zur Übersicht die Kürzel in die Überschrift der Bauweise mit einfügen? Eine genau Erklärung kommt ja im Text.

3. Verlinkung
Du hast z.B. bei der Fregatte Naiad eine Verlinkung zu dem Buch bei Seawatch angelegt? Wollen wir das bei expliziten Verweisen so handhaben, oder sollten diese Links hier in den Bereich "Buchbesprechung/Buchempfehlung" gesetzt werden. Beide Varianten hätten Vorteile: Direkter Link bietet eine direkte Thematische Verknüpfung, Über den "Bücherbereich" wäre es zentral zu finden.

Gruß
Alex

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Hallo Klaus,

ein hervorragender Artikel. Besonders auch mit der guten Bebilderung super verständlich.

Ich denke, das mit dem Buchlink hier geht in Ordnung. Deine Begründung dazu ist ja verständlich und wir erhalten im Gegenzug diese wunderbaren Bilder im Beitrag.

Zitat von Model Mariner im Beitrag #4

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zu 3) die Links habe ich absichtlich so gemacht und möchte sie auch hier stehen lassen. Ich habe Ed Tosti für die Genehmigung der Verwendung seiner Bilder versprochen, ihn als Modellbauer anzugeben und Links zu seinen Bauberichten anzugeben und auf seine Bücher hinzuweisen. Eine Buchbesprechung gibt es noch nicht, die Bücher sehe ich außerdem nicht unbedingt als Empfehlung als Anfängerlektüre. Es handelt sich sicher um empfehlenswerte Bücher, aber für Anfänger nur in seltenen Ausnahmefällen (wer wird schon mit so einem Modell beginnen?) Wenn jemand diese Bücher hat (oder kaufen wird) und dann eine Buchbesprechung im entsprechenden Bereich macht, spricht ja nichts dagegen.

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Hallo Klaus , Deine Aufstellung der verschiedenen Modellarten ist gut gelungen und für einen Anfänger wie ich es noch bin gut zu verstehen . Mir gefällt es.
Gruß Frank